Talis 2025

39 BEWERBEN, VERHANDELN UND EINSTEIGEN dabei beantwortet werden: Was sind meine beruflichen Ziele und Werte? Welche fachlichen Kompetenzen bringe ich mit, welche Persönlichkeitsstärken? Ragnhild Struss, Inhaberin der Hamburger Karriereberatung Struss & Claussen Personal De- velopment, rät zu einer Art „Persönlichkeitsanalyse“ als Basis für eine fundierte Entscheidungsfindung. Man müsse nicht das erstbeste Angebot akzeptieren, das sich durch ein Praktikum oder persönliche Beziehungen ergebe: „Die Berufsanfänger sollten sich voll und ganz bewusst sein, dass sie die Freiheit haben, zu wählen“, betont die Expertin. „Jeder ist frei, seinen Lebensweg selbst zu gestalten.“ Früh vernetzen Milton Reimann, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit in Bremen, empfiehlt ratsuchenden Studenten in seinen Sprech- stunden an der Universität Bremen, schon ein oder zwei Semes- ter vor den Abschlussprüfungen das Thema Jobsuche auf die innere To-do-Liste zu nehmen. Idealerweise, so führt Reimann aus, plane man ein Drittel seiner Zeit für Schnupperpraktika ein, beispielsweise in Bereichen, die einen als späteres Berufs- feld interessierten. Den Aufbau ihres beruflichen Netzwerks sollten Berufseinsteiger ebenfalls schon während des Studi- ums in Angriff nehmen. „Je früher man sich damit beschäftigt, wie man von der Theorie in die Praxis kommt, desto größer sind die beruflichen Chancen“, bekräftigt der Berufsberater. Gute Kontakte sind auch bei der Stellensuche hilfreich – zum einen, weil Kommilitonen, frühere Arbeitgeber, aber auch Freunde und Verwandte einem ihre Außensicht auf die eigene Persönlichkeit, auf Stärken und Schwächen geben können und so das Selbstbild oder die Persönlichkeitsanalyse erweitern. Zum anderen, weil sich der Branchennachwuchs über sein Netzwerk bei potenziellen Arbeitgebern ins Gespräch bringen kann und mit Glück eine passende interessante Position ange- boten bekommt, noch bevor diese öffentlich ausgeschrieben wird. Job-Börsen und Business-Plattformen nutzen Mit dem Netzwerk im Rücken und dem Wissen über Ziele, Kompetenzen und Möglichkeiten des Arbeitsmarktes im Kopf geht es ans Screening der zahlreichen Online-Jobbörsen (siehe Anmerkungen Seite 158-159). Hierzu gibt es einmal die Genera- listen-Portale wie Stepstone, Monster und Indeed, aber auch die zahlreichen Plattformen speziell für die Baubranche. Nicht zu vergessen sind die Architektenkammern der 16 Bundeslän- der, die auf ihren Homepages ebenfalls Stellenanzeigen veröf- fentlichen. Auch die großen Business-Netzwerke wie LinkedIn und Xing schalten Stellenangebote. Gleichzeitig kann man dort über seinen Account Selbstmarketing betreiben, Fotos hochladen von interessanten eigenen Projekten oder Beiträge verfassen, die persönliche Kompetenz- und Interessengebiete widerspie- geln. „Sehr viele Unternehmen betreiben im Internet Active Recruiting und scannen Businessplattformen nach vielverspre- chenden Hochschulabsolventen, die gut zum eigenen Unter- nehmen, zum geplanten Vorhaben passen – als strategisches Vorgehen in der digitalen Welt heutzutage an der Tagesord- nung“, weiß Ragnhild Struss von Struss & Claussen zu berich- ten. Mut zur Individualität Das eigentliche Bewerbungsprocedere funktioniert heutzuta- ge simpel: Statt wie früher zig Mappen per Post zu versenden, können Bewerber ihre Bewerbung ad hoc online per Mausklick abschicken. Im Idealfall ist bereits auf dem eigenen Account ein persönliches Profil angelegt, samt Daten, Fakten und Unterla- gen wie Lebenslauf und Zeugnissen. Im Anschreiben und auch im Curriculum Vitae – dem Lebenslauf – könne man durchaus Kreativität beweisen, solange parallel Kompetenz und Serio- sität signalisiert würden, erklärt Struss. Sogar charmant aus dem Rahmen zu fallen, sei kein Fauxpas, da Architekten und Bauingenieure sich schließlich in einem gestalterisch orien- tierten Berufsfeld bewegten, betont die Karriereberaterin. Sie führt an: „Nach dem Studium ähneln sich die Lebensläufe noch weitgehend. Man muss sich nicht angestrengt an Vorgaben aus Ratgebern halten, sondern sollte vielmehr Mut zu Individuali- tät beweisen.“ Schließlich wolle sich der Branchennachwuchs abheben von der Masse und positive Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Län- ger als fünf Minuten beschäftigten sich Recruiter normalerwei- se nicht mit einer Bewerbung, wissen Bewerbungscoaches aus Jobsuche und Bewerbung

RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2MTgy