Zankapfel HOAI

Andrey Popov / Adobe Stock

Zum 1. Januar 2021 ist die geänderte Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Kraft getreten. Diese soll nun einen verlässlicheren Orientierungsrahmen zur Kalkulation von Honoraren bieten. Doch wirklich zufrieden ist man in der Branche mit der neuen Regelung nicht: Planerorganisationen begrüßen zwar die Rechtssicherheit, kritisieren aber das Fehlen einer klaren Aussage zur Angemessenheit.

Seit 1977 regelt die HOAI, die eine zustimmungsbedürftige Rechtsverordnung der Bundesregierung ist, die Bezahlung von Architekten- und Ingenieurleistungen. Rechtliches Fundament für die Honorarordnung ist ihre Ermächtigungsgrundlage, das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architekturleistungen. Die HOAI dient einem fairen Leistungswettbewerb und soll zur Sicherung von Bauqualität und Baukultur beitragen. Allerdings hatte der Europäische Gerichtshof mit dem Urteil vom 4. Juli 2019 entschieden, dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure mit EU-Recht unvereinbar sei, sprich: dagegen verstoße.

Inkohärente Qualitätssicherung

Beanstandet wurde, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden dürfen, die nicht ihre fachliche Eignung nachweisen müssen. Das System der Qualitätssicherung von Planungsleistungen sei daher nicht kohärent. Mit dem Urteil gab es keine Möglichkeit mehr, die Mindest- und Höchstsätze einzuklagen. Weiterhin gültig blieben jedoch vertragliche Vereinbarungen, die auf der Grundlage der HOAI geschlossen wurden, sowie die HOAI-Honorartabellen, die Leistungsbilder und die Regelungen zur Ermittlung des Honorars. Auftraggeber und Auftragnehmer konnten somit die HOAI mit Ausnahme der Regelung zur Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze weiterhin anwenden, um auch in Zukunft praktikable Vergabeverfahren und angemessene Honorierungen sicherzustellen und sowohl Preisdumping als auch Qualitätsverlust entgegenzuwirken.

Der Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarverordnung (AHO) hatte zusammen mit der Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Bundesarchitektenkammer (BAK) diverse Gutachten und Stellungnahmen zum EU-Vertragsverletzungsverfahren erstellt, eine Anpassung war jedoch unabdingbar.

Das ist wichtig, zu wissen

Einer vertraglichen Honorarvereinbarung der Parteien und damit der Honorarkalkulation kommt zukünftig eine größere Bedeutung zu, denn Klagen auf den Mindest- und Höchstsatz sind ab sofort nicht mehr durchsetzbar. Die Grundlagen des Honorars sind gemäß § 6 Abs. 1 und 2 HOAI konkret zu vereinbaren und die Leistungen, das entsprechende Honorar sowie weitere Zuschläge, beispielsweise im Falle des Umbaus oder der Modernisierung, vertraglich konkret festzulegen.

„Wir hätten uns gewünscht, dass die Verordnung die Notwendigkeit deutlicher macht, dass die Honorare auch in Zukunft angemessen sein müssen“, sagt Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer. AHO, Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer, die das Verfahren begleitet haben, sehen ein insgesamt tragfähiges, wenn auch nicht optimales Ergebnis. Immerhin fänden sich in der Begründung der geänderten Verordnung und in der Ermächtigungsgrundlage, dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), selbst deutliche Hinweise darauf, dass die nach der HOAI ermittelten Honorare angemessen sind. Der Vorsitzende des AHO, Erich Rippert fügt hinzu: „Erfreulich ist aber, dass die Fachplanungsleistungen der Anlage 1 Bauphysik, Geotechnik, Ingenieurvermessung sowie Umweltverträglichkeitsstudie künftig den Grundleistungen der HOAI gleichgestellt werden. Diese Leistungen sind integraler Bestandteil des Gesamtplanungsprozesses.“ Die Anpassung an die Vorgaben des EuGH-Urteils könne aber nur der erste Schritt gewesen sein. Erforderlich und notwendig sei nun, die HOAI grundlegend zu modernisieren und dabei auch die Honorartafeln anzupassen, ist der AHO-Vorsitzende überzeugt.

Einfluss auf den Wettbewerb

Für Architekten und Bauingenieure bedeuten die Änderungen der HOAI, dass sie die Regelungen genau betrachten sollten. Da die Honorargrenzen abgeschafft sind, gibt es bei der Bezahlung keine Vorgaben mehr. Damit verstoßen sowohl Niedriglöhne als auch Wucherpreise nicht mehr gegen das Gesetz. Das könnte den Wettbewerb beeinflussen und verändern. Sinnvoll ist es daher für jeden Architekten und Bauingenieur, seine persönlichen Mindest- und Höchstsätze zu definieren, gegenüber dem Auftraggeber transparent zu sein und einzelne Leistungen, die abgerechnet werden, nachvollziehbar zu dokumentieren.  me

 

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